Anfang der Woche sah ich im Fernsehen eine Dokumentation aus den 60er Jahren über die Planungen zum Neubau der Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart durch die Deutsche Bundesbahn. Das war recht amüsant, etwa die Aussage, die modernen IC-Züge könnten auf dieser zu bauenden Strecke ihre Geschwindigkeit von 160 km/h voll ausfahren (atemberaubend!).
Dann aber wurde es seltsam aktuell: Befragt wurde ein Stuttgarter Politiker nach der Notwendigkeit des geplanten Baus, auch im Hinsicht auf den gewaltigen Widerstand von Seiten der Bevölkerung. Er sagte in etwa das Folgende (aus dem Gedächtnis paraphrasiert):
Die Region Stuttgart ist eine High-Tech-Region, deren Konkurrenzfähigkeit von ihrer Infrastruktur abhängt. Wenn wir wollen, dass sich Stuttgart gegenüber den anderen Technologieregionen in Deutschland und in ganz Europa auch in Zukunft weiter behaupten kann, müssen wir mit modernen Verkehrsmitteln erreichbar sein.
Das war ein Kommentar, den man (mehr als 40 Jahre später!) genau so auch in der Stuttgart-21-Diskussion hätte hören können. Wie ich finde, ein durchaus berechtigter Einwand, der ironischerweise in den 60er Jahren bei weitem noch nicht so relevant war wie heute, wo die Landeshauptstadt nach Kräften versucht, High-Tech-Industrie jeder Couleur in seiner Nähe zu bündeln.
Eines ist sicher: Sich auf den "Daimler-Lorbeeren" (wir brauchen keine Infrastrukturinvestitionen, beim Daimler kommen doch alle pünktlich zur Arbeit) auszuruhen, könnte langfristig großen Schaden anrichten, wenn man zu spät merkt, dass in Wirklichkeit die Relevanz der Region Stuttgart im 21. Jahrhundert auf dem Spiel stand. Wo sich die Politik momentan den Vorwurf machen lassen muss, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, sollten die Gegner des Projekts nicht den Fehler machen, an dieser Wand ziellos weiterzumauern.
Ich jedenfalls bin auf den Fortschritt des Schlichtungsverfahrens gespannt -- bis dato gilt es ja schon als Erfolg, dass man noch nicht am ersten Tag gescheitert ist. Erfolg ist eben doch Definitionssache.