Heute lag eine Marketing-Umfrage der Deutschen Post AG im Briefkasten. Der Fragebogen befasst sich mit den persönlichen Vorlieben der Einsender hinsichtlich Autos. Als "Gegenleistung" werden 500 mal 50 Euro in Aral-Tankgutscheinen verlost:
Da es sich ja um persönliche Daten handelt, die wir hier "verkaufen", rechnen wir doch einfach mal etwas nach. <!--more--> In Deutschland gibt es etwa 40 Millionen Haushalte. Jedem wirft der Postbote so eine Umfrage ein.
Nehmen wir nun einmal an, in jedem hundertsten Haushalt füllt das Ding jemand aus und sendet es zurück: Das macht 400.000 Antworten.
Nun werden 500 Gutscheine zwischen ihnen verlost: Das macht eine Gewinnchance von 0,125 Prozent. Der Gewinn, den ich also als individueller Ausfüller der Umfrage erwarten darf, liegt damit bei 0,00125 * 50 = 0,0625 Euro. Das sind rund sechs Cent (!).
Für diese sechs Cent geben die Ausfüller nicht nur Daten über ihre gegenwärtigen Fahrzeuge im Haushalt preis, Planungen einer Fahrzeug-Neuanschaffung, und betriebsinterne Vereinbarungen hinsichtlich der Beschaffung von Firmenwagen. Darüber hinaus geben sie auch Auskünfte über die persönliche Haushaltssituation, die finanziellen Fähigkeiten beim Autokauf, die Finanzierungspräferenzen und last but not least Beruf und Nettoeinkommen.
All das, sozusagen als Sahnehäubchen, gepaart mit Name, Adresse, Alter und der Erklärung:
Ich bin damit einverstanden, dass die Deutsche Post AG meine Angaben ausschließlich zu Marktforschungs-, Marketing und Werbezwecken personenbezogen erhebt, speichert, nutzt und übermittelt.
Fassen wir das in deutlichere Worte: Wenn ich das unterschreibe, erlaube ich der Deutschen Post AG, diese Daten, die tief in die persönliche, vor allem finanzielle, Situation hineinragen, gepaart mit meiner Identität (!) gewinnbringend an andere, nicht näher bezeichnete Unternehmen zu verkaufen. Wenn sich also (und hier spekuliere ich) zum Beispiel DaimlerChrysler an die Post wendet und sagt, "gebt mir eine Liste von Menschen, die es sich leisten können, die neue E-Klasse zu kaufen, vorzugsweise Singles, die bar zahlen", dann wird ihnen die Post freudestrahlend und gegen viel, viel Geld eine solche Liste zur Verfügung stellen.
Ich habe, leider, keine Zweifel, dass viele Leute diese Umfrage ausfüllen und zurückschicken, "weil man ja was gewinnen kann".
Diese Unsensibilität, was persönliche Daten angeht, erschüttert mich; und zwar auf beiden Seiten:
- Bei den Kunden, weil sie sich für eine fadenscheinige Gewinnchance viel zu tief in die Karten schauen lassen. Wenn ich bei einem x-beliebigen Fremden an der Tür klingle und sage, wenn Sie mir Ihren Kontoauszug zeigen, gebe ich Ihnen sechs Cent, dann wird man mich fragen ob ich noch ganz gesund bin. Wenn aber ein großes Unternehmen dasselbe tut, es in schönere Worte packt und gelb anmalt, dann ist es plötzlich in Ordnung.
- Bei den Unternehmen, weil sie mit den persönlichen Daten ihrer Kunden viel Geld verdienen, diesen dafür aber verschwindend geringe Auszahlungen anbieten. Wenn man anböte, für das Ausfüllen des Fragebogens zehn Euro zu zahlen, dann könnte sich der Kunde immerhin überlegen, ob ihm das die Preisgabe seiner Daten wert ist. In diesem Verlosungsszenario aber werden die Teilnehmer gezielt in den Glauben versetzt, sie bekämen einen nennenswerten Wert zurück, wobei sie aber in Wirklichkeit mit wenigen Cent abgespeist werden. Das ist nicht mehr Customer Relationship Management, das ist schon Customer Rip-Off Management.
Weil es aber nicht zu erwarten ist, dass all diese Unternehmen plötzlich Skrupel bekommen, bleibt uns nur zu hoffen, dass Otto Normalverbraucher eines Tages herausfindet, wie wertvoll seine Daten sind und dass er, wenn er sie schon verkauft, sich wenigstens anständig entlohnen lässt. Für "umme" arbeiten tun sie doch schließlich auch nicht...