Da hat der niederländische Journalist Rob Savelberg die neu-und-alt-Kanzlerin Merkel aber ganz schön aus dem Konzept gebracht:

Natürlich ist das löblich, löblich, dass Merkel ihrem zukünftigen Kabinett voll und ganz vertraut. Hunderttausend deutsche Mark zu vergessen, kann schließlich jedem einmal passieren. Andererseits entbehrt es nicht einiger Ironie, dass ausgerechnet der scheinbar unter selektiver Amnesie in Finanzfragen leidende Schäuble zum Finanzminister ernannt wurde. Bleibt nur zu hoffen, dass er bei den Finanzen von 83 Millionen Deutschen nicht ab und an mal eine Milliarde vergisst. Und falls doch, müssen wir ihm eben noch ein bisschen mehr Vertrauensvorschuss gewähren -- schließlich hat sich Schäuble schon als Innenminister wichtige Vertrauenspunkte im Kampf gegen den Bürger gesichert, und mit seiner süßen Schäublone für immer einen Platz in unseren Herzen gewonnen.

PS: Cui fidem, fidem, heißt "Vertrauen, wem Vertrauen gebührt".

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Am 27. September Piratenpartei wählen.

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Vitruvian
Creative Commons License photo credit: Mr.Enjoy
Warum das deutsche Internetzensurgesetz politisch dumm und grundrechtlich fatal ist, wird zurzeit zu genüge erörtert.

In einem Artikel bei zdnet schreibt Christoph Hochstätter nun, welche freien DNS-Server man verwenden kann, um sich vor ungerechtfertigten Verdächtigungen, etwa durch versehentliche Klicks auf eine Spam-Mail, zu schützen:

Wer durch einen Link auf einer Website oder in einer E-Mail auf eine zensierte Domain gelockt wird, setzt sich grundsätzlich der Gefahr einer Strafverfolgung aus. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass wenige Zugriffe gleich eine Hausdurchsuchung auslösen, dennoch ist es besser, in den Logfiles erst gar nicht zu erscheinen.

Der Autor erklärt auch, wie das DNS-System eigentlich funktioniert, und warum durch DNS-Spoofing, wie es das Internetzensurgesetz vorsieht, auch die Integrität des gesamten DNS-Systems beeinträchtigt wird. Der Artikel ist also auch für nicht-Geeks interessant, die gerne wissen möchten, wie die Internetzensur in Deutschland eigentlich funktionieren soll, und was die Experten eigentlich meinten, als sie den Politikern sagten, das Verfahren sei technisch unwirksam.

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SPD-Stopp Am vergangenen Donnerstag hat die SPD in den Augen vieler ihre selbst gewählte Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Verfassung zutiefst verletzt. Und obwohl niemand das Ergebnis der Bundestagswahl vorhersagen kann, drängt sich der Eindruck auf, als würde dieser eindrucksvolle Beweis eines fehlenden Rückgrats die Talfahrt der SPD weiter fortsetzen.

Und nicht nur auf Wählerseite geht es bergab: So treten auch Mitglieder aus der SPD aus, weil sie es für unerträglich halten, dass die eigene Partei, möglicherweise unbewusst, zumindest aber grob fahrlässig und ignorant, der erst jüngst sechzig gewordenen deutschen Verfassung den Krieg erklärt. So schreibt die Sozialdemokratin Julia Reda in Ihrer Austrittserklärung:

Mein Verständnis für die derzeitige Politik der SPD hört spätestens da auf, wo selbst Verfassungsmäßigkeit und Menschenrechte hinter Populismus und Wahlkampfgetöse zurücktreten müssen. [...] Die SPD, der ich seit meinem 16. Lebensjahr angehörte, hat sich spätestens heute gegen die universellen Menschenrechte und gegen das Grundgesetz gewandt. Meine Loyalität zur Verfassung ist größer als die zur Partei.

(Hervorhebung von mir)

Tauss schwenkt Piratenflagge
Mit etwas mehr Getöse hat sich der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss nach fast 40 Jahren aus den Reihen der SPD verabschiedet und ist der Piratenpartei beigetreten. Aufgrund der gegen ihn laufenden Ermittlungen wegen des Besitzes kinderpornographischen Materials ist er wahrlich kein unkritischer neuer "Pirat", aber es wäre ein fataler Fehler seitens der jungen Partei gewesen, "Wasser zu predigen aber Wein zu trinken", hätten Sie Tauss die Unschuldsvermutung abgesprochen -- ist dieser rechtsstaatliche Grundsatz doch einer der zentralen Punkte, für die sich die "Piraten" einsetzen.

Auch das Argument einiger, Tauss mache die "Piraten" zu einer zu große Zielscheibe für die "Bild"-Zeitung, hat zwar seine Berechtigung, vergisst aber möglicherweise, dass das Revolverblatt seine Missbilligung gegenüber den Zensurgegnern bereits geäußert hatte, bevor Tauss seinen Austritt andeutete. Denn schon am 12. Juni hatte das Blatt den SPD-Parteilinken Böhning zum "Verlierer des Tages" erklärt, und den Lesern suggeriert, dieser wolle die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet verhindern. Böhning hatte zuvor einen Antrag mit dem Titel "Löschen statt Sperren: Kinderpornographie wirksam bekämpfen, Internetzensur verhindern!" für den SPD-Parteitag eingereicht, um die Parteilinie von unwirksamen Internetsperren hin zu aktiver Bekämpfung von KiPo im Internet zu bewegen. Und so ist kaum zu erwarten, dass -- mit oder ohne Tauss -- die "Bild"-Zeitung sich den Argumenten der Zensurgegner sachlich nähert, oder gar (eine fast undenkbare Vorstellung?) ihren gesellschaftlichen Einfluss nutzt, um KiPo aktiv entgegenzutreten.

Update, 22.6.: Die Piratenpartei twittert gerade die ihre Position zur Unschuldsvermutung:

Um es mal ganz klar und deutlich zu sagen: Die Unschuldsvermutung ist ein Menschenrecht. Das Mittelalter ist vorbei #Tauss

Das Mittelalter ist vorbei -- ob man das im Reichstag schon weiß?

Bildquellen: "Stop"-Box Creative-Commons-lizensiert von Spreeblick; Tauss mit Piratenflagge: CC-by lizensiert von Matthias Bauer auf Wikimedia Commons

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