Gerade bereite ich meine US-Amerikanischen Steuererklärungen vor (3 an der Zahl: eine für den Bund, eine für Oregon und eine für Kalifornien) und ich bin froh, dass ich auf der Macworld einen Rabatt für renommierte Steuersoftware habe abstauben können, sodass mich der Haufen Papier ein bisschen weniger Geld kostet.
In dieser Software bin ich dann auch gleich über eine interessante Frage gestolpert:
Wollen Sie 3 Ihrer Steuerdollars in den Fond für den Präsidentenwahlkampf geben?
Was ist das denn? -- Nach ein bisschen Stöbern fand ich heraus, dass es sich dabei um einen Fond handelt, der in den frühen 70er Jahren eingeführt wurde, um Präsidentschaftskandidaten bei der Finanzierung ihres Wahlkampfes zu helfen. Sagt die Broschüre der zuständigen Wahlkommission.
Das Geld ist übrigens keine zusätzliche Zahlung zu den Steuern, sondern -- was recht außergewöhnlich ist -- der Steuerzahler hat hier die Möglichkeit, 3 seiner ohnehin gezahlten Steuer-Dollars unmittelbar einem bestimmten Zweck zuzuführen, oder eben auch nicht. Ob ich ja oder nein ankreuze, ergibt also für mich keinen finanziellen Unterschied. <!--more--> Ziel des Fonds ist es, die Abhängigkeit der Kandidaten von gut zahlenden "special interest groups" zu reduzieren. Diese Gruppen finanzieren Teile des millionenschweren Wahlkampfes und verlangen dafür im Gegenzug das "Wohlwollen" des Präsidenten während seiner Amtszeit. Dabei geht es um Steuererleichterungen, Auftragsvergabe, billiges Benzin, weniger Umweltauflagen und so weiter. Alles in allem Interessen in Milliardenhöhe, die sich diese Gruppen mit Millionenspenden für den möglicherweise baldigen Präsidenten erkaufen.
Obwohl dem gemeinen Bürger hier vielleicht das harte Wort "Korruption" in den Sinn kommt, sind diese Form der Interessenvertretung großer Firmen und Verbände (nicht nur hierzulande) Gang und Gäbe -- auch der Beruf des Lobbyisten ist ja etabliert.
Und obwohl das eigentlich gut klingt, dass man den Politiker unabhängiger von großen Interessengruppen machen möchte, habe ich die Frage mit nein beantwortet. Denn zum einen gibt es das Programm schon seit über 30 Jahren, und ich kann nicht feststellen, dass US-Präsidenten wie der aktuelle überaus zimperlich damit wären, big business-freundliche Gesetze auf Kosten der Ärmeren in dieser Gesellschaft zu erlassen. Der Erfolg des Fonds ist also zumindest fraglich.
Zum anderen zahle ich hier keinen zusätzlichen Beitrag, sondern nehme Steuergelder von anderen Stellen weg, wo sie eventuell besser verwendet werden könnten als zum Drucken von Plakaten mit dem Konterfei George W. Bushs. Zum Bau von Schulen zum Beispiel, oder der Gewährung von "financial aid" für die Studenten, die unter stetig steigenden Studiengebühren an US-Universitäten leiden.
Schade, dass ich ein Kreuzchen für Konfetti und Flugblätter machen kann, und nicht für Dinge wie diese. Aber vielleicht habe ich einfach nur seltsame Prioritäten.