Nach dem Volkswagen (Klassiker), dem Volks-PC (von Plus), Volks-Kamera, -Notebook, -Fahrrad, -Alarmanlage (kein Witz: Das sind alles eingetragene Marken beim DPMA) und was weiß ich nicht noch alles, erschlägt mich heute in der Fußgängerzone ein großes Werbeplakat mit den markanten Lettern:
DIE VOLKSBIBEL
Sieh an, die Bildzeitung betätigt sich mal wieder als ungefragte, selbsternannte Deuterin des "Volkswillen" und vertreibt das "Buch der Bücher" zum Preis von EUR 9,95, pünktlich zum Weihnachtsgeschäft.
Und so werden sie wie die Lemminge in die Läden laufen und die Bücher kaufen, weil da ja schließlich "Volks" drauf steht, und weil wir ja bekanntlich das Volks, äh, Volk sind, muss man das nämlich kaufen, wenn das da drauf steht.
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Dass ohnehin jeder, der sich für die Bibel interessiert, auch schon lang eine daheim hat, oder sie schon immer für diesen Preis erwerben konnte, ist hingegen genau so uninteressant, wie die unglückliche "VOLKS-" Wortwahl.
Manchmal denke ich, ich bin der einzige, der bei solch unsinnigen Wortneuschöpfungen Assoziationen wie "Volksempfänger" (übrigens seit kurzem auch eine eingetragene Wortmarke), "Volkswille" oder gar das "gesunde Volksempfinden" bekommt?
Bei allem nötigen Respekt: Diese durch den Nationalsozialismus so ausgehöhlten Wortblasen für Marketingzwecke zu verwenden, halte ich für mehr als verwerflich. Und das vor allem, weil nichts, aber auch gar nichts daran einen inhaltlichen Bezug zu den beworbenen Artikeln hat. Der Volks-PC ist eben gerade kein besonders für alle Bevölkerungsschichten geschaffenes Gerät, und die Volksbibel keine einfachere oder schönere Übersetzung für jedermann.
Da bewegen sich ein paar Firmen auf geschichtlich so dünnes Eis, nur um den "Pöbel" (durch das gezielt angesprochene Nationalgefühl wohlig gewärmt und selbstgefällig grunzend) zum Kauf von irgendwelchen Artikeln zu bewegen? Ihr habt meine tiefste Verachtung!
"If there is hope, it lies in the proles." schrieb George Orwell in 1984. Nach "There is no hope for the proles" riecht es 2004.