Wenig überzeugend

August 10, 2004

... hat sich die Financial Times Deutschland gestern mit einem Kommentar in die aktuelle Rechtschreibungsdebatte der großen deutschen Verlage eingemischt.

Unter dem Titel "Kniefall vor dem Konservativismus" ist dort zu lesen:

Die Springer-Zeitungen, "Der Spiegel" und die "Süddeutsche" schließen sich mit ihrem Kursschwenk der großen Koalition der Reformverweigerer in diesem Lande an. Dabei sind es auch diese Blätter, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Reformunwilligkeit der Deutschen beklagen. Mit ein bisschen Standfestigkeit hätten sie an der neuen Rechtschreibung die eigene Reformfähigkeit beweisen können: die Fähigkeit, offen zu sein für Neues und unangenehme, aber politisch legitimierte Entscheidungen zu akzeptieren. So aber tun die betreffenden Zeitungen es einer wachsenden Zahl von Spitzenpolitikern gleich, die aus Populismus vor dem tief verwurzelten geistigen Konservativismus in Deutschland in die Knie gehen.

(...)

Wenn jetzt die Reform zurückgenommen wird, wird eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen aber definitiv ein Leben lang nicht richtig schreiben können, weil sie jetzt erst recht verwirrt sein werden. Genau wie all jene, die täglich mit Sprache arbeiten: Lehrer, Lektoren und auch Journalisten - und davon gibt es bei Springer und "Spiegel" eine Menge.

        <br /><!--more-->So verläuft sich der FTD-Kommentar darin, dass alle Verlage, die die alte Rechtschreibung für besser halten, ja doof sind, weil sie sich der Reform verschließen, und die Rechtschreibreform selbst schon allein deshalb gerechtfertigt ist, weil sie eine Reform ist.

Reform also als Selbstzweck? Kritik unerwünscht?

Liebe Financial Times. Wollt Ihr durch Niveau-Dumping in Konkurrenz mit Deutschlands größter Boulevardzeitung treten? Seit wann benötigt eine "politisch legitimierte Entscheidung" denn keinen Sinn mehr?

Ich habe den Eindruck, die FTD wollte die besagte Debatte nur nutzen, um ein paar subtile Seitenhiebe Richtung FAZ, Spiegel, Springer und Co. loszuwerden.

Gut, jeder hat mal 'nen Clown gefrühstückt, Message angekommen. Aber jetzt macht doch bitte wieder das, was Ihr könnt. Analysiert Börsenkurse, Wirtschaftsdaten und so weiter. Nur bitte, bitte erhebt euch nicht zur Speerspitze des Proletariats und Robin Hood der Sprachwissenschaft - darüber schmunzeln wir vielleicht bei einer sonntäglichen Anzeigenzeitung, aber doch nicht bei einem überregionalen Wirtschaftsblatt ;)

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