Vitruvian
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Warum das deutsche Internetzensurgesetz politisch dumm und grundrechtlich fatal ist, wird zurzeit zu genüge erörtert.

In einem Artikel bei zdnet schreibt Christoph Hochstätter nun, welche freien DNS-Server man verwenden kann, um sich vor ungerechtfertigten Verdächtigungen, etwa durch versehentliche Klicks auf eine Spam-Mail, zu schützen:

Wer durch einen Link auf einer Website oder in einer E-Mail auf eine zensierte Domain gelockt wird, setzt sich grundsätzlich der Gefahr einer Strafverfolgung aus. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass wenige Zugriffe gleich eine Hausdurchsuchung auslösen, dennoch ist es besser, in den Logfiles erst gar nicht zu erscheinen.

Der Autor erklärt auch, wie das DNS-System eigentlich funktioniert, und warum durch DNS-Spoofing, wie es das Internetzensurgesetz vorsieht, auch die Integrität des gesamten DNS-Systems beeinträchtigt wird. Der Artikel ist also auch für nicht-Geeks interessant, die gerne wissen möchten, wie die Internetzensur in Deutschland eigentlich funktionieren soll, und was die Experten eigentlich meinten, als sie den Politikern sagten, das Verfahren sei technisch unwirksam.

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SPD-Stopp Am vergangenen Donnerstag hat die SPD in den Augen vieler ihre selbst gewählte Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Verfassung zutiefst verletzt. Und obwohl niemand das Ergebnis der Bundestagswahl vorhersagen kann, drängt sich der Eindruck auf, als würde dieser eindrucksvolle Beweis eines fehlenden Rückgrats die Talfahrt der SPD weiter fortsetzen.

Und nicht nur auf Wählerseite geht es bergab: So treten auch Mitglieder aus der SPD aus, weil sie es für unerträglich halten, dass die eigene Partei, möglicherweise unbewusst, zumindest aber grob fahrlässig und ignorant, der erst jüngst sechzig gewordenen deutschen Verfassung den Krieg erklärt. So schreibt die Sozialdemokratin Julia Reda in Ihrer Austrittserklärung:

Mein Verständnis für die derzeitige Politik der SPD hört spätestens da auf, wo selbst Verfassungsmäßigkeit und Menschenrechte hinter Populismus und Wahlkampfgetöse zurücktreten müssen. [...] Die SPD, der ich seit meinem 16. Lebensjahr angehörte, hat sich spätestens heute gegen die universellen Menschenrechte und gegen das Grundgesetz gewandt. Meine Loyalität zur Verfassung ist größer als die zur Partei.

(Hervorhebung von mir)

Tauss schwenkt Piratenflagge
Mit etwas mehr Getöse hat sich der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss nach fast 40 Jahren aus den Reihen der SPD verabschiedet und ist der Piratenpartei beigetreten. Aufgrund der gegen ihn laufenden Ermittlungen wegen des Besitzes kinderpornographischen Materials ist er wahrlich kein unkritischer neuer "Pirat", aber es wäre ein fataler Fehler seitens der jungen Partei gewesen, "Wasser zu predigen aber Wein zu trinken", hätten Sie Tauss die Unschuldsvermutung abgesprochen -- ist dieser rechtsstaatliche Grundsatz doch einer der zentralen Punkte, für die sich die "Piraten" einsetzen.

Auch das Argument einiger, Tauss mache die "Piraten" zu einer zu große Zielscheibe für die "Bild"-Zeitung, hat zwar seine Berechtigung, vergisst aber möglicherweise, dass das Revolverblatt seine Missbilligung gegenüber den Zensurgegnern bereits geäußert hatte, bevor Tauss seinen Austritt andeutete. Denn schon am 12. Juni hatte das Blatt den SPD-Parteilinken Böhning zum "Verlierer des Tages" erklärt, und den Lesern suggeriert, dieser wolle die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet verhindern. Böhning hatte zuvor einen Antrag mit dem Titel "Löschen statt Sperren: Kinderpornographie wirksam bekämpfen, Internetzensur verhindern!" für den SPD-Parteitag eingereicht, um die Parteilinie von unwirksamen Internetsperren hin zu aktiver Bekämpfung von KiPo im Internet zu bewegen. Und so ist kaum zu erwarten, dass -- mit oder ohne Tauss -- die "Bild"-Zeitung sich den Argumenten der Zensurgegner sachlich nähert, oder gar (eine fast undenkbare Vorstellung?) ihren gesellschaftlichen Einfluss nutzt, um KiPo aktiv entgegenzutreten.

Update, 22.6.: Die Piratenpartei twittert gerade die ihre Position zur Unschuldsvermutung:

Um es mal ganz klar und deutlich zu sagen: Die Unschuldsvermutung ist ein Menschenrecht. Das Mittelalter ist vorbei #Tauss

Das Mittelalter ist vorbei -- ob man das im Reichstag schon weiß?

Bildquellen: "Stop"-Box Creative-Commons-lizensiert von Spreeblick; Tauss mit Piratenflagge: CC-by lizensiert von Matthias Bauer auf Wikimedia Commons

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Das Internet hat seine ganz eigene Art von Galgenhumor:

Zensursula T-Shirt

Das "Zensursula" T-Shirt zu Ehren der Familienministerin (Ressort "Raubbau an Freiheitsrechten") gibt es kostenlos zuzüglich 6,90 Euro Versand auf 3dsupply.de.

Mit ihrer "Ehrung" als "Graffiti"-Schablone befindet sich Frau von-der-Leyen übrigens in guter Gesellschaft. Schon seit einiger Zeit gibt es die "Schäublone" zur Kritik an Wolfgang "wer nichts zu verbergen hat" Schäubles Politik, die ihm schon mehr als einmal das Kopfschütteln des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts eingebracht hat. Einsicht oder gar Selbstkritik hat Herr Schäuble in der Folge freilich nicht gezeigt.

Auch Wirtschaftsminister zu Guttenberg hat seine eigene Schablone bekommen (via lawblog): Guttenberg Schablone

Zu Guttenberg ist "betroffen", dass es Menschen gibt, die die großflächige Einschränkung des Grundrechts der Informationsfreiheit nicht hinnehmen möchten, schon deshalb nicht, weil es zur Bekämpfung der Kinderpornographie völlig ungeeignet ist. Wir, die Bürger, sind hingegen betroffen, dass Politiker wie Herr Guttenberg offenbar leichten Herzens die Grundrechte aller mittels heimlicher Internet-Zensur radikal einschränken wollen, statt die Verbrecher, die Kinderpornographie herstellen und konsumieren, direkt zu bekämpfen. Der Stern schreibt über den ziellosen Aktionismus des Staates unter dem Titel "Operation Ohnmacht".

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50000Die Online-Petition beim Deutschen Bundestag gegen die unsäglichen Pläne der Bundesregierung, Contentfilter im Internet einzurichten, hat nun auch einen Twitter-Feed.

Unter dem Namen @Mitzeichner notiert ein Bot, wie viele Leute bereits die Petition online "unterzeichnet" haben -- zum jetzigen Zeitpunkt beispielsweise bereits über 40.000 Leute.

Mitzeichner on Twitter

Ich freue mich, dass die Mindestzahl von 50.000 Unterzeichnern in greifbare Nähe gerückt ist.

In diesem Zusammenhang bin ich über eine weitere interessante Webseite gestolpert: Der Verein MOGIS (kurz für "Missbrauchsopfer gegen Internetsperren") hat es sich zum Ziel gesetzt, die geplanten Internetsperren zu verhindern. Den Grund dafür beschreibt der Verein auf seiner Internetseite:

wir [wollen] uns hier nicht ... als Galionsfiguren einer schleichenden Einführung einer Internetzensur missbrauchen lassen. Denn seien wir doch mal ehrlich, da wird doch kein einziges Kind weniger missbraucht, nur weil Frau von der Laien meint ein paar DNS-Namen umbiegen zu müssen. (...) Da wird also ein Kind missbraucht, und die Politik schaut, demnächst auch dank DNS-Sperren, weg? (...) Und deswegen stehen wir für ein zensurfreies Internet ein, als “MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren”.

Ich habe großen Respekt vor diesen Missbrauchsopfern, die sich als Gruppe derer, die hier vermeintlich geschützt werden sollen, zusammentun, um diesem Unsinn ein Ende zu bereiten.

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stop
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Es gibt nun eine Petition beim Deutschen Bundestag gegen die in Deutschland geplanten Internetsperren:

Text der Petition Wir fordern, daß der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 ablehnt. Wir halten das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren & von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig & unkontrollierbar, da die "Sperrlisten" weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden. Wir sehen darin eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit. Begründung Das vornehmliche Ziel – Kinder zu schützen und sowohl ihren Mißbrauch, als auch die Verbreitung von Kinderpornografie, zu verhindern stellen wir dabei absolut nicht in Frage – im Gegenteil, es ist in unser aller Interesse. Dass die im Vorhaben vorgesehenen Maßnahmen dafür denkbar ungeeignet sind, wurde an vielen Stellen offengelegt und von Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen mehrfach bestätigt. Eine Sperrung von Internetseiten hat so gut wie keinen nachweisbaren Einfluß auf die körperliche und seelische Unversehrtheit mißbrauchter Kinder.

Liebe Leser, bitte unterzeichnet die Petition. Was wir in Deutschland benötigen ist ein effektiver Kampf gegen Kinderpornographie, und nicht das Aufstellen "spanischer Wände" im Internet. Staatlich verordnetes Wegschauen auf Kosten der Meinungs- und Informationsfreiheit aller ist keine Lösung.

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coffee 10
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Oliver von aptgetupdate.de hat sich einmal überlegt, wie so ein von-der-"Laien"filter denn so aussehen könnte. Ein Auszug:

# Notiz: Gesetze noch nicht verabschiedet, kommt noch. # $header->{'HTTP_URI'} =~ /thepiratebay.org/ or # $header->{'HTTP_URI'} =~ /wikipedia.org/ or # $header->{'HTTP_URI'} =~ /www.amnesty.de/ or # $header->{'HTTP_URI'} =~ /www.wikileaks.de/ or # Erst kurz vor den Wahlen auskommentieren # $header->{'HTTP_URI'} =~ /spd.de/ or # $header->{'HTTP_URI'} =~ /gruene.de/ or

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Was wahlweise wie Satire oder bitterer Zynismus klingt, ist vielleicht gar nicht so weit hergeholt. Denn was sich gut anhört (Kampf gegen die Kinderpornographie), hat schon jetzt viele Begehrlichkeiten geweckt, die mit dem lobenswerten Ursprungsziel nichts mehr zu tun haben. Und das, noch lange bevor es endgültig beschlossene Sache ist.

Ähnlich kritisch sieht das auch Jochen Magnus in einem Kommentar in der Rhein-Zeitung:

Eine gar nicht amüsante Vorstellung: Die Polizei regelt auch den Verkehr im Internet. Dabei bekommt sie viel zu tun, denn schon jetzt hat die Musikindustrie unverblümt ihr Interesse an der Sperrung illegaler Tauschbörsen erklärt. (...) Die staatlichen Lottogesellschaften könnten einfacher ihr Monopol sichern, wenn endlich ausländische Glückspielseiten gesperrt würden. Die Begehrlichkeiten werden mit der Verfügbarkeit der Mittel wachsen.

Internetzensur unter quasi vollständigem Ausschluss des Rechtswegs kommen den Lobbyisten nämlich gerade recht. Damit kann man sich schließlich so lästige, langwierige und überhaupt viel zu teure Dinge wie Gerichtsentscheidungen sparen. Besonders viel Phantasie benötigt man also nicht, um sich vorzustellen, wie in diesen Tagen wahrscheinlich die Telefone bei Frau von der Leyen und ihren Freunden heiß laufen, von Interessengruppen, die auch die Sperrliste füttern wollen.

Was dabei freilich auf der Strecke bleibt, ist die Rechtsstaatlichkeit. Einzige Hoffnung bleibt, wie so oft, das Karlsruher Bundesverfassungsgericht. Dort hat man, im Gegensatz zu Berlin, das Grundgesetz gelesen und wahrscheinlich auch verstanden. Denn im Artikel 5 heißt es (noch): "Eine Zensur findet nicht statt".

(Danke für den Link zum Kommentar, Martin)

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